Bei einer Wunde denkt man sofort an die letzte unvorteilhafte Begegnung mit dem Küchenmesser oder einer spitzen Möbelkante. Für junge und gesunde Menschen nicht weiter tragisch. Wenn überhaupt, Pflaster drauf und der Alltag geht weiter. Natürlich, lästig ist es alle mal, aber drei Tage und der Schmerz und das Leiden hat ein Ende. Soweit so gut. Jetzt stellen wir uns aber einmal vor, man hat eine Wunde, die plötzlich nicht mehr verheilt. Es liegt eine Wundheilstörung vor. Darunter darf man sich jetzt keine blutspritzende oder unaufhörlich tropfende Wunde vorstellen. Die Problematik einer Wundheilstörung liegt nicht bei der Blutstillung sondern darin, dass sich eine Wunde entzündet, eitert und im schlimmsten Fall übel riecht und/oder schwarz wird. Jeder Österreicher würde spätestens jetzt sagen: “Na super, jetzt kann ich mir wegen dem Spaß einen Termin mit dem Doktor ausmachen.”
Zu welchem Arzt geht man in so einem Fall? Das ist natürlich abhängig von der Wunde. Vorweg, wenn Sie durch einen Unfall eine Wunde erleiden, die stark blutet und klafft, sind Sie mit absoluter Sicherheit ein Fall für die Chirurgie in einem Krankenhaus bzw. wenn diese Verletzung sogar in einer Intensität vorliegt, die Sie bewegungsunfähig (hoher Blutverlust, nicht stillende Wunde) macht, ein Fall für die Rettung. Mit einer akuten Wunde geht man also nicht zu einem Wundheilexperten. Wann kommt er also dann zum Einsatz? Wenn eine Wunde trotz fachgerechter Behandlung innerhalb von drei Monaten keine Heilungstendenz zeigt bzw. innerhalb von 12 Monaten nicht abgeheilt ist, spricht man von einer chronischen Wunde. Bei eben solcher wird ein Facharzt für Wundheilung konsultiert. Also dann, wenn der Hausarzt und die Chirurgie an ihre Grenzen stoßen.
Wer ist ein Risikopatient für eine Wundheilstörung? Im Prinzip kann es jeden treffen. Wunden bzw. Verletzungen können sehr vielseitig sein. Angefangen beim entarteten Pickel bis hin zu schweren Verbrennung. Wenn die Wunde nicht fachgerecht versorgt wurde, kann das schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Ein offener Gewebeschaden kann sich mit Bakterien infizieren, die wiederum die Wundheilung hinauszögern oder im schlimmsten Fall sogar verhindern. Im Worst-Case würde das ein Absterben des Gewebes verursachen. Es wird nekrotisch, wie man in der Fachsprache sagt. Diese Folgen können einen auch schon in jungen Jahren hart treffen, da ist die Aussicht auf eine ästhetisch unansprechende Narbe noch eine Gute. Tatsächlich ist es aber so, dass Wundheilstörungen eher mit zunehmenden Alter Probleme bereiten. Dies ist so, weil die Zellreproduktion sich stark verlangsamt, je älter wir werden, während aber auch Vorerkrankungen wie venöse Erkrankungen (Krampfadern), arterielle Durchblutungsstörungen (Schaufensterkrankheit) und Diabetes Mellitus (Zuckerkrankheit) als Ursache im Vordergrund stehen. Es muss mit einer Wunde nicht immer eine Verletzung einher gehen, denn zusätzlich gibt es eine Vielzahl von eher seltenen Erkrankungen, die oft nicht als Ursache erkannt werden, aber doch zu einem Ausbleiben des Heilungserfolges führen. Ein wichtiger Appell wird hier an die qualmenden Genussmittelkonsumenten gerichtet. Rauchen ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für eine schlechte Wundheilung. Eine Studie [1] hat gezeigt, dass 50 Prozent der Raucher im Vergleich zu 21 Prozent der Nichtraucher nach einer Operation an einer Wundheilungsstörung leiden. Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung ist die Diagnostik und Therapie der zugrundeliegenden Erkrankung. Darüber hinaus unterstützt eine phasengerechte Lokaltherapie mit entsprechenden Wundtherapeutika die Abheilung. Wundbehandlung setzt aber auch eine ausreichende fachärztliche Kompetenz und eine effiziente Therapieplanung, sowie die Koordination der beteiligten fachlich geschulten Therapeuten voraus. Nicht immer ist eine völlige Abheilung aufgrund der vorgegebenen Umstände möglich. Es kann jedoch immer eine Verbesserung der Lebensqualität des Patienten erreicht werden.
Bei einer fachlichen Versorgung chronischen Wunde ist es ein muss, dass die Wunde mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird. Eine falsche Verbandswahl oder eine zu straffe Naht können die Sauerstoffversorgung stark einschränken oder gar kappen. Somit ist die Wahl der Wundauflage von entscheidender Bedeutung für den Heilungsprozess. Zusätzlich sollte der Verband vor Austrocknung schützen, aber eben eine ausreichende Sauerstoff-Zufuhr erlauben. Eine wichtige Rolle kommt dem Verbandswechsel zuteil, hier ist es besonders wichtig, dass die neu entstandene Hautschicht nicht mit dem Verband verklebt. Das gesunde Mittelmaß zwischen zu eng und zu locker ist hier entscheidend und benötigt viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung des Therapeuten. Ein weiterer Punkt ist, wenn die Wunde genäht wurde. Hier gilt es, den richtigen Zeitpunkt für das Fädenziehen zu finden. Durch zu frühes Ziehen kann es passieren, dass die Naht wieder aufreißt. Werden die Fäden zu spät entfernt, könnte es eine Infektion begünstigen und somit den Wundverschluss verhindern.
In der Theorie soweit klar, aber in der Praxis? Was wurde nun aus der Wunde, die niemals heilen wollte?
Therapiestrategien der Wundheilung
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Der Fachbereich Chirurgie besteht nicht nur aus operativen Behandlungen, sondern stützt sich auch auf die natürliche körpereigene Heilung. Um nun den schlimmsten Fall zu verhindern, wurden in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten mehrere Therapiestrategien entwickelt.
Primäres Therapieziel ist es, die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu verbessern, die durch Schmerzen, Geruch der Wunde und die vermehrte Exsudation (Austreten von Gewebsflüssigkeit) beeinträchtigt ist. In Folge dessen kommt es wieder zu einer Reintegration der Patienten durch Wiedererlangen der Mobilität und sozialen Wiedereingliederung. Das erfordert aber meist auch das Einbinden der gesamten Familie, wenn auch externe Hilfe wie Wundzentren und mobile Pflegeorganisationen unterstützend mithelfen. Auch der Hausarzt und Wundspezialisten treten hier helfend in Erscheinung und stehen mit Rat und Tat zur Seite.
Eine Vielzahl an modernen Verbandsstoffen helfen dem Wundspezialisten die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu verbessern oder die Wunde gar zur Abheilung zu bringen. Moderne Diagnosemethoden unterstützen den Experten dabei, eine Verbesserung im Bereich der Grunderkrankungen und letztendlich in Kombination mit den vorhandenen Ressourcen eine verkürzte Abheilungszeit herbeizuführen. Hier lautet also die Devise: Wenn die Zeit nicht alle Wunden heilt, dann müssen dies die Natur und der Facharzt für Wundgesundheit übernehmen.
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